Blick auf Hugsweier mit Kirchturm

Historischer Rundweg Hugsweier Station 1: Das Rathaus - Urkunde / St. Thomas

Hugsweier gab es schon vor dem Jahr 900 nach Christus

Die Straßburger Urkunde mit der Erwähnung von Hugsweier
Die Straßburger Urkunde mit der Erwähnung von Hugsweier
Quelle: Stadt Lahr/Dr. Walter Caroli

Das genaue Jahr der Erstellung der Urkunde mit dem ältesten Nachweis Hugsweiers ist nicht zu ermitteln. In jedem Fall ist sie nach dem Jahr 1007 entstanden, denn in jenem Jahr brannte das Straßburger Thomasstift (Kirche und Kloster) mit allen darin befindlichen Dokumenten jener Zeit wegen Blitzeinschlags ab und wurde in veränderter Gestalt (modifié et rajeuni) wiederaufgebaut. Die damals neu errichtete Kirche ist die heute noch stehende Thomaskirche, neben dem Münster eine der ältesten und bedeutendsten Sakralbauten in Straßburg.

Die Brandkatastrophe hatte zur Folge, dass frühere Vorgänge im Nachhinein aufgezeichnet werden mussten. Inhaltlich geht es in der Urkunde darum, dass Bischof Richwin von Straßburg von Humfried aus Italien, einem Neffen des Hugo von Tettenuuuillare (Dettweiler, Ort im Unterelsass), unter anderem die Dörfer Hugesuuillare (Hugsweier) und Caroldesbahc (Carsbach bei Altkirch) abkauft und sie dem Stift Sankt Thomas in Straßburg übergibt. Das Schenkungsjahr ist nicht bekannt, und da man von Richwin nur weiß, dass er  frühestens ab 912, dem Todesjahr seines Vorgängers Gozfried, vermutlich aber ab 913 bis zu seinem Tod am 30. August 933 als Bischof in Straßburg amtierte, kann kein exaktes Jahr, sondern nur der Zeitraum zwischen 913 und 933 als Datum der urkundlichen Ersterwähnung Hugsweiers angenommen werden. Die in dem nach 1007 erstellten Dokuments festgehaltenen Ereignisse lassen den Schluss zu, dass Hugsweier in diesem Zeitraum bereits existiert haben muss, weil in dem beschriebenen Schenkungsvorgang der Ort Hugesuuilare ausdrücklich genannt wird. Johann Baptist Kolb benennt das Jahr 920 für die Übergabe Hugsweiers an das Thomasstift, bleibt aber für diese Annahme jede Begründung schuldig, dagegen nimmt Charles Schmidt an, dass sie gegen 920 stattgefunden hat.

 

Textausschnitt:

Lateinisch: Deinde vero sanctus et venerabilis Richuuinus eiusdem apostolicae cathedrae episcopus villas Hugesuuilare, Caroldesbahc et Sunthoven cum mansis 14 et dimidia et omni familia ad quendam Humfridum de Italia natum Hugonis Germanae filium emens pro remedio animae sue fratribus sancti Thomae penitus ad annonam tradiderat.

Deutsch: Daraufhin hat der ... heilige und ehrwürdige Richwin, der Bischof desselben apostolischen Stuhles, die Dörfer Hugsweier, Carolsbach und Sunthoven mit 14 ½ Mansen  (bäuerlichen Gehöften) und allen Leuten von Humfried von Italien, dem Sohn des deutschen Hugo, gekauft und zum Heil seiner Seele den Brüdern von St. Thomas übergeben.

 

Wer war dieser Richwin? Er stammte aus Lothringen und wurde nach seiner Erhebung zum Bischof vom westfränkischen König Karl dem Einfältigen (879 bis 929) anerkannt. In jener Zeit stritt man heftig darum, ob Lotharingien - und damit auch Straßburg - zum west- oder ostfränkischen Reich gehören sollte. Richwin geriet in den Strudel der Auseinandersetzungen, wegen seiner angeblichen unkanonischen Erhebung wurde er sogar 916 auf der Synode von Hohenaltenheim verurteilt und zu einer Provininzialsynode nach Mainz vorgeladen. Trotz seiner Weigerung, dem nachzukommen, wurde er wenige Jahre später vom ostfränkischen König anerkannt. Heinrich I. war er eine große Stütze, insbesondere nachdem Straßburg 925 endgültig an das Ostfrankenreich  gefallen war. Heinrich I. ließ ihn später sogar in das Totengedenken der königlichen Familie aufnehmen. Richwin starb am 30. August 933.

Die Brüder von Sankt Thomas waren nicht lange im Besitz der Hugsweierer Güter, wie ebenfalls aus dem oben genannten und zitierten Dokument zu entnehmen ist, denn der Nachfolger Richwins, Bischof Ruthard (gestorben am 15. April 950), gab nach 940 die Orte Hugsweier und Carolsbach dem Ritter Guntram, der wohl die Transaktion zugunsten des Thomasstifts angefochten hatte, und dessen Sohn zu Lehen.